Das Problem
Auch Übertragungen von Vermögen von nicht in Deutschland ansässigen Personen auf andere nicht in Deutschland ansässige Personen im Wege der Schenkung oder durch Erbfall können – was den Beteiligten nicht immer bewusst ist – eine Steuerpflicht nach dem deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) begründen. Die Beteiligten sind in diesem Fall zur Anzeige der Vermögensübertragung bei den deutschen Finanzbehörden sowie ggf. zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet. Das Unterlassen der Anzeige oder der Abgabe von Steuererklärungen kann empfindliche Sanktionen nach sich ziehen.
Unbeschränkte Steuerpflicht bei Inlandsbezug
Eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bezüglich des gesamten unentgeltlich übertragenen Vermögens – egal, ob sich dieses Vermögen in Deutschland oder im Ausland befindet – besteht stets, wenn entweder der Schenker bzw. Erblasser oder der Erwerber „Inländer“ im Sinne des Gesetzes ist, also in Deutschland einen Wohnsitz (auch einen bloßen Zweitwohnsitz) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Auf die Staatsangehörigkeit der Beteiligten kommt es dabei nicht an.
Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht
Deutsche Staatsangehörige gelten allerdings auch nach ihrem Wegzug aus Deutschland noch für weitere 5 Jahre – bei Wegzug in die USA sogar für 10 Jahre – als Inländer (sogenannte „erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht“).
Beschränkte Steuerpflicht
Sind weder der Schenker bzw. Erblasser noch der Erwerber Inländer, besteht regelmäßig eine beschränkte Steuerpflicht nur bezüglich derjenigen übertragenen Vermögensgegenstände, die „Inlandsvermögen“ gemäß der abschließenden Aufzählung in § 121 des Bewertungsgesetzes (BewG) darstellen. Hierunter fallen insbesondere in Deutschland gelegene Grundstücke sowie Forderungen, die durch inländischen Grundbesitz besichert sind, aber auch Betriebsvermögen einer deutschen Betriebsstätte (auch mittels Beteiligungen an Personengesellschaften) sowie Beteiligungen als stiller Gesellschafter an einem inländischen Handelsgewerbebetrieb oder partiarische Darlehen an einen inländischen Schuldner. Inlandsvermögen ist aber auch eine Beteiligung an einer inländischen
Kapitalgesellschaft, wenn der Schenker bzw. Erblasser vor der Übertragung alleine oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 10% an der Kapitalgesellschaft beteiligt war.
Erweitert beschränkte Steuerpflicht
War der Schenker bzw. Erblasser vor seinem Wegzug deutscher Staatsbürger, in den letzten 10 Jahren vor seinem Wegzug für mindestens 5 Jahre in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und ist er in ein Niedrigsteuerland weggezogen, besteht für 10 Jahre nach dem Wegzug eine sogenannte „erweiterte beschränkte Steuerpflicht“ nach § 4 des Außensteuergesetzes (AStG). Kann in diesem Fall nicht eine bestimmte Mindestbelastung mit ausländischer Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer nachgewiesen werden, unterliegen über den Katalog des Inlandsvermögens im Sinne des § 121 BewG hinaus praktisch sämtliche inländischen
Vermögensgegenstände der Steuerpflicht, darunter Guthaben bei inländischen Banken, Forderungen gegen inländische Gläubiger, Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften (unabhängig von der Höhe der Beteiligung) und sämtliche beweglichen Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden.
Fazit: Fachkundigen Rat einholen!
Ist der Schenker bzw. Erblasser oder der Erwerber innerhalb der letzten 10 Jahre vor der zu beurteilenden Vermögensübertragung aus Deutschland weggezogen, sollte eine mögliche deutsche Schenkungsteuerpflicht bzw. Erbschaftsteuerpflicht der Vermögensübertragung sorgfältig geprüft werden. Auch wenn keiner der Beteiligten jemals in Deutschland ansässig war, sollte fachkundiger Rat eingeholt werden, wenn zu dem übertragenen Vermögen Immobilien, Beteiligungen an in
Deutschland ansässigen oder tätigen Betrieben, Beteiligungen an deutschen Kapitalgesellschaften oder ähnliche inländische Vermögensgegenstände gehören.
Der Artikel wurde von Stefan Raster für den Newsletter 01/2018 von ARS LEGIS INTERNATIONAL, einem internationales Netzwerk von Rechtsanwälten, Patentanwälten, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, geschrieben.